Pastor Paul Schmieder

Paul Schmieder – Pastor in Lehndorf (1925-1935)

Paul Schmieder ist am 11.2.1872 hier in Braunschweig geboren worden. Sein Abitur machte er 1894 am Martino-Catharineum. Es folgte das Theologiestudium in Jena und Halle und 1894 die 1. Theologische Prüfung. Das Vikariat absolvierte Schmieder in Querum und übernahm dann die 1. Pfarrstelle in Volkersheim in der Nähe von Bockenem. Eine weitere berufliche Station ist dann Salzgitter Lebenstedt.

Als Feldgeistlicher erlebt Schmieder die Schrecken des 1. Weltkrieges. Nach Kriegsende bedeutet ihm der Krieg „nur noch Grauen, Brutalität und Elend“.

Nach dem Tod von Pastor Graf bewirbt er sich schließlich auf die Pfarrstelle in Lehndorf, wird dann am 21. Juni 1925 in sein Amt eingeführt. Lehndorf hat damals 1700 Bewohner, 330 davon gehören nicht der Kirche an. Schmieder fühlt sich in seiner Arbeit nicht nur den Kirchenmitgliedern, sondern allen Bewohnern Lehndorfs verpflichtet. Arbeitslosigkeit und Armut prägen das Dorf. Die Gemeinde lernt ihn als rührigen, aufgeschlossenen und hilfsbereiten Pastor kennen.

Aber Schmieder hat auch Gegner. Fritz Weber, ein NSDAP-Mitglied und Führer des Landwehrvereins, stößt sich an Schmieders konsequent pazifistischer Haltung. Auf sein Einwirken geht es zurück, dass zum Volkstrauertag nicht Schmieder den Gottesdienst hält, sondern ein städtischer Pfarrer, von dem man eher eine vaterländische Rede erwarten kann.

Bis zum Juli 1933 steht der Kirchenvorstand trotz aller Anfeindungen durch nationale Kreise einstimmig hinter seinem Pfarrer. Bei den Kirchengemeinde-ratswahlen im Juli 1933  wurden dann aber zwei der schärfsten Gegner Schmieders, Fritz Weber und der Ortsgruppenleiter der NSDAP, Otto Klie, in den Kirchenvorstand gewählt. Klie wurde sogar stellvertretender Vorsitzender des KV.  Gerade Klie hatte in den Jahren 1931-1933 keine Gelegenheit ausgelassen, Schmieder zu diffamieren und Beschwerdebriefe an das Landeskirchenamt zu schicken.

Schmieder hatte sich intensiv mit dem Schriftentum der völkischen bzw. nationalsozialistischen Bewegung auseinandergesetzt. Dies hat ihn schon früh veranlasst, sich gegen den Nationalsozialismus zu bekennen. Antisemitismus, die Unterordnung der christlichen Nächstenliebe unter die Idee der Ehre, Nationalehre statt Nächstenliebe, Verneinung der Rassengleichheit – das alles widerspricht zutiefst der christlichen Lehre. Schmieder stößt mit diesen Ansichten nicht nur bei Mitgliedern in seiner Gemeinde auch Widerstand, er ist zunehmend auch im Kreis der Kollegen isoliert. Landesbischof Bernewitz hatte die Landeskirche für den Nationalsozialismus geöffnet. Bernewitz wünschte ein Aufeinander zugehen von Kirche und Staat. Da störten die Ansichten und die Widerständigkeit des Lehndorfer Pastors

Schmieder war über lange Jahre Mitglied im sogenannten Landespredigerverein (LPV). Als auf einer Vollversammlung 1933 die Gleichschaltung von Predigerverein und Nationalsozialistischem Pfarrerbund beschlossen und der Arierparagraf eingeführt wird, erklärt Schmieder seinen Austritt aus dem LPV.

1934 soll Schmieder auf Wunsch von Kreispfarrer Gremmelt 2 Vorträge zur Thematik „Die Kirche und das 3. Reich halten.“  Schmieder hält sich in diesen Vorträgen – so wie von manchen gewünscht und erhofft – nicht mit seinen Ansichten zurück.  Einer der Vorträge hat dann gerichtliche Folgen. Unter den Zeugen, die der Staatsanwaltschaft präsentiert werden, befindet sich Otto Klie, Ortsgruppenleiter der NSDAP und stellvertretender Vorsitzender im Kirchenvorstand. Er sagt gegen Schmieder aus. Der Lehndorfer Pastor wird „wegen böswillig beschimpfenden Unfugs mit Hoheitszeichen“ verurteilt – allerdings kommt er glimpflicher davon, als von seinen Gegnern erhofft.

Für die Ausübung seines Berufes hat diese Verurteilung allerdings Folgen. Ein kirchliches Disziplinarverfahren wegen seiner Äußerungen über das Dritte Reich wird eingeleitet und schließlich wird Schmieder von der Kirchenregierung nahegelegt, seine Versetzung in den Ruhestand zu beantragen um diesem Disziplinarverfahren zu entgehen. Schmieder reicht seinen Emeritierungsantrag ein. Am 1.4.1935 tritt er mit 63 Jahren in den von seiner Kirche erzwungenen Ruhestand. Paul Schmieder starb am 2.7.1940.

In der Kreuzkirche erinnert eine Gedenk-Tafel an den mutigen Pastor. Zur Einweihung 1989 hat dazu Peter Former einen Vortrag gehalten, der dieser Zusammenfassung des Wirkens von Schmieder zugrunde liegt.